Chansonabend „denn Tralala, so ist das Leben…“
Pressebericht

Rundschaubericht Chansonabend vom Mittwoch, 28.03.2018.

Bericht & Foto: ANDREAS DEHNE

„Schnullidulli und Pippilausi“

Französische Musik – Der Sänger Ralph Dillmann und der Pianist Gerd Kaufhold geben im Gaildorfer Häberlen selten gespielte Chansons der 1920er- bis 60er-Jahre zum Besten.

Zum Abschluss besuchen wir noch die jüdische Familie Tannenbaum.“ Sänger Ralph Dillmann kündigt das Ende eines ungewöhnlichen Abends in der voll besetzten Kulturkneipe Häberlen in Gail­dorf an. Wo normalerweise eher Blues, Rock und auch deutscher Punk zu hören sind, erklingen an diesem Abend ganz ungewohnte Gesänge: Chansons der 20er- bis 60er-Jahre. Was Dillmann und Pianist Gerd Kaufhold an diesem Abend an Chansons in die Räume der Kulturschmiede bringen, ist nicht nur hörenswert, sondern hat auch Seltenheitswert. Wie der Abschluss mit dem Titel „Soiree bei Tannenbaum“.

Ein Hauch von Weihnachten

Dillmann stellt den Inhalt in zwei Sätzen vor. Bei anderen Titeln wird nicht so viel erklärt. „Herr und Frau Tannenbaum geben eine Soiree. Die Musik ist die zweite ungarische Rhapsodie von Franz Liszt.“ Gerd Kaufhold am Klavier beginnt das klassische Werk des ungarischen Komponisten in der Bearbeitung eines österreichisch-jüdischen Klavierhumoristen zu spielen, den man sicherlich als einen der Vorgänger von Georg Kreisler bezeichnen darf. Hermann Leopoldi hat „Soiree bei Tannenbaum“ bereits 1920 nach der Musik der Rhapsodie No. 2 von Franz Liszt arrangiert. Der Text stammt von Artur Rebner. „Herr Tannenbaum“, singt Dillmann kabarettistisch-überzogen künstlich. Es klingt fast – wahrscheinlich beabsichtigt – wie „Oh Tannenbaum“.

In dem Lied wird die in den 20er- und 30er-Jahren neureiche jüdische Gesellschaft parodiert. „Tannenbaum ruft ganz empört: Das is a Schweinerei. Ich hab ein Quartett bestellt als Tanzmusik für heut – jetzt kommen bloß vier Leut ….“ Dillmann und Kaufhold zelebrieren die musikalischen und textlichen Ideen der Klavierhumoristen des vergangenen Jahrhunderts fein vom Wiener Schmäh überzogen, in einer sanft parodierenden Unaufgeregtheit.

Leicht antik klingend, angehaucht vom jiddischen Witz und inspiriert vom Charme der Goldenen Jahre. Wie auch das „Liebes-Esperanto“, vom gleichen Komponisten, der wie Kreisler jüdische Wurzeln hat. „Ein Er, eine Sie, ein Mädel, ein Mann, eigentlich egal – kurz zwei Verliebte: Liebe hat ihr eigenes Esperanto. Schnullidullidulli heißt: Ich hab dich gern. Erst sagst du mir Zuckimausi, dann ich dir Pippilausi.“

Kürzer als eine Minute

Knapp 30 Lieder sind es am Ende der Vorstellung, mit Titeln wie „Die Kellerassel“ (Paul Dessau), „Martin Luther macht Gesänge“ (Reiner Bredemeyer) oder „Sex is a wonderful habit“ (Georg Kreisler). Von Dmitri Borissowitsch Kabalewski spielt Pianist Gerd Kaufhold die drei Sätze der „Sonatina No. 1 – Opus 13. „Denn, trallala, so ist das Leben…“ nennen sie ihr Programm, mit dem sie Chansons darbieten.

Teilweise sind die Stücke keine Minute lang. „Hüte dich vor den Katzen – vorne lecken, hinten kratzen.“ Dauer des Liedes: etwa 15 Sekunden. „Aus einem verzagten Arsch – kommt kein fröhlicher Furz.“ 20 Sekunden. Der vermutlich bekannteste Klassiker ist Friedrich Holländers „Stroganoff“. Dillmann und Kaufhold bieten mit ihrem Programm einen erfrischenden Blick auf die 20er-Jahre. Mit Titeln, die es nicht in die Playlist der Neuzeit geschafft haben. Wer die viel bemühte „Bar zum Krokodil“ erwartet hat, mag vielleicht enttäuscht sein. Aber „Trallala, so ist das Leben – und dieser Zustand lässt sich schwer beheben. Man setzt sich – doch man setzt sich stets daneben“ (Kreisler). Alle anderen sitzen an diesem Abend in der Gaildorfer Kulturschmiede absolut richtig.

Text zum Foto:

Ein schwarzer Flügel vor rotem Hintergrund, daneben zwei schwarz-weiß gekleidete Herren: Nicht nur das Farbenspiel ist bei dem Konzert im Gaildorfer Häberlen mit Ralph Dillmann (rechts) und Gerd Kaufhold kontrastreich, sondern auch deren Liedgut.

 

Chansonabend „denn Tralala, so ist das Leben…“
Sonntag, 25.03.2018, 19:00 Uhr
Kulturkneipe Häberlen Gaildorf
Mitglieder 10 €, Nichtmitglieder 12 €

Chansonabend „denn Tralala, so ist das Leben…“

Chansons und Lieder der 1920er - 60er Jahre.

Wissen Sie wie Beef Stroganoff entstanden ist, was eine Kellerassel so alles erlebt, wie man 1934 Liebesesperanto gesprochen hat oder wie es einem Krankenkassenpatienten in den 50ern ergangen ist? Antworten bekommen Sie beim neuen Duo Abend von Ralph Dillmann (Gesang) und Gerd Kaufhold (Klavier). Hören Sie Lieder von Kreisler, Hollaender, Leopoldi, Dessau und anderen…..

Ein witziger, melancholischer, augenzwinkernder, musikalischer Blick auf das Leben und die Liebe in allen Facetten.

Ralph Dillmann

Seine Begeisterung für Oper und Stimme begann bereits im Kinderchor des Staatstheaters Darmstadt. Er absolvierte eine Ausbildung zum klassischen Balletttänzer an den Hochschulen für Musik und darstellende Kunst Köln und Mannheim. Es folgten Engagements als Tänzer und Sänger in u.a. Holland, New York, den Staatstheatern von Hannover und Kassel oder der Oper Frankfurt. Parallel dazu nahm er weiter regelmäßig Unterricht, zuletzt mit dem Schwerpunkt funktionaler Gesangstechnik, und ist seit dem Ende seiner Tanzkarriere in diesem Bereich auch als Pädagoge tätig. In der Region Südhessen ist Ralph Dillmann vor allem als Schauspieler bei der Neuen Bühne Darmstadt in Rollen wie Macbeth oder Tschechow bekannt. Neben Lesungen und Konzert- Moderationen tritt er vermehrt auch als Oratorien- und Konzert-Sänger auf.

Gerd Kaufhold

Er hat sowohl Klavier, als auch Musikpädagogik an der Musikhochschule Trossingen studiert und unterrichtet an der Musikschule Heppenheim. Durch eine zusätzliche kirchenmusikalische Ausbildung an der Orgel hat er seine Liebe zur Alten Musik entdeckt. Neben solistischen Auftritten begleitet er häufig Sänger und Chöre und tritt auch als Kammermusiker in verschiedenen Ensembles auf. Seit mehreren Jahren arbeitet er mit Ralph Dillmann zusammen.

Tickets VVK: Buchhandlung Schagemann, Kulturkneipe Häberlen Gaildorf, oder an der Abendkasse.

Ort: Kulturkneipe Häberlen Gaildorf
Karlstr. 66, 74405 Gaildorf
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