Rundschaubericht Hamilton Loomis vom Mittwoch, 09.05.2018.
Bericht & Fotos: RICHARD FÄRBER
Texanische große Oper
Ein Bluesrocker mit Soul-Allüren: Der Gitarrist und Sänger Hamilton Loomis legt im Gaildorfer Häberlen einen fulimanten Tournee-Start hin.
Ob er das so richtig ernst meint, weiß man nicht. „Let’s play the Blues“, sagt Hamilton Loomis und bastelt dann alle möglichen Phrasen mit viel Luft dazwischen in den Groove. Es wirkt ein bisschen luschig, eher verspielt als ernsthaft und klingt mitunter nach verhuschter Fingerübung, und dass er dann von der Bühne klettert und sich mitten im Publikum auf eine Bank stellt, riecht fast ein wenig nach Blueskonzert-Parodie – zumal Loomis sich zuvor bereits als phänomenaler Gitarrist erwiesen hatte.
Andererseits wirkt die lustige kleine Einlage ganz proper. Loomis und seine Band verstehen es, die Nummer mächtig hochzuheizen. Und die Botschaft kommt ja auch an: Wir machen jetzt Pause, damit ihr unsere Tonträger kaufen könnt und, wenn ihr weggeht, werdet ihr was verpassen.
Das Genre ist schnell gesprengt
Das war allerdings schon vorher klar. Die Band hat Laune, sie hat noch was vor: das Konzert im Häberlen ist der Auftakt einer Tournee durch Deutschland, Luxemburg, Belgien und Dänemark – die deutsche Programm-Premiere.
Als Bluesrocker sind die Texaner angekündigt, das Genre aber ist schnell gesprengt. Der Blues mag die Grundstimmung wiedergeben, zumal in den Mundharmonika- und Gitarrensoli von Loomis, Form und Struktur aber liefern Rock, Funk und Soul. Die Band groovt auf den Punkt, Schlagzeuger Armando Aussenac und Bassist Mike Meade eint der Grundschlag. Fast minimalistisch und hochkonzentriert ist das Zusammenspiel der beiden, es gibt kaum Füllsel, man hört keine Kreuzschläge und sonstiges Gefrickel und entsprechend mächtig fährt es einem in die Knochen.
Fabian Hernandez nicht zu vergessen. Er steht an einem dieser zerbrechlich wirkenden, elektronischen Keyboards, die man nicht so recht ernst nehmen mag, und füttert den Sound mit Klangfarben. Wenn er aber zum Tenorsaxofon greift, wird’s umtriebig: Hernandez kann die Töne elegant-geschmeidig laufen lassen, beherrscht aber auch jene Bereiche, wo rohe Kräfte sinnhaft wirken. Und zeigt Ausdauer und Einfallsreichtum: Sein meisterhaft überblasenes Solo in „Looking into a Dream“ ist eine Geschichte in vielen Kapiteln: immer wieder setzt er an, schichtet Klimax auf Klimax – der Mann hat was zu erzählen.
Emotionaler Overkill
Die „Königsdisziplin“ aber ist offenkundig der Soul, die große Oper, der emotionale Overkill. In Stücken wie „I would die for you“ von Prince blüht Loomis förmlich auf, bleckt seine beneidenswert weißen Zähne und lässt die Stimme keck durch die Oktaven springen – ohne dass es gekünstelt wirken würde: die Liebe der Band zum Soul ist authentisch, keine Attitüde. Und sie bricht sich Bahn in den Rock-, Funk- und Mitmachnummern. In „She’s happy now“ glitzern über einem getragenen, fast dumpfen Groove mehrstimmige, elegant gegen den Takt gesetzte Gesangspassagen und zwischendrin darf das verständlicherweise restlos begeisterte Publikum, angeleitet von Loomis, ausgiebig „Yeah-Yeahen“ und einfache Melodielinien singen. Wenn man will und kann, geht alles – auch in einem einzigen Stück.
Fotogalerie Rundschau (11 BilderRichard Färber):
https://www.swp.de/suedwesten/staedte/gaildorf/bluesrock_-hamilton-loomis-startet-tournee-25458377.html
Text zu Fotos: Der Gitarrist, Sänger und Harpspieler Hamilton Loomis aus Galveston in Texas gibt im Gaildorfer Häberlen das erste Konzert einer Tournee. Mit dabei: Fabian Hernandez (Tasten, Saxophon, Gesang), Mike Meade (Bass, Gesang) und Armando Aussenac (Schlagzeug, Gesang)